

Forderst Wie oft fordern wir in Beziehungen etwas, ohne das es wirklich eine Rechtfertigung dafür gibt?
Wie oft lehnen wir den anderen dafür ab, dass er unserem Willen nicht nachkommt, sich widersetzt, eben nicht so ist, wie man es erwartet? Er in unseren Augen „nicht richtig“ ist, so wie er sich gerade verhält.
Wie oft nehmen wir an, dass es vollkommen in Ordnung ist, eigene Bedürfnisse in ihrer Erfüllung zu delegieren oder auszulagern, so dass davon selbstverständlich die Legitimation einer Forderung abgeleitet wird?
Eine Forderung ist ungleich härter als eine Bitte
Derjenige, der sich einer Forderung ausgesetzt sieht, geht in Deckung, in die Abwehr, ganz automatisch scheint da der Selbstschutz hochzuschnellen.
Eine Forderung klingt wie ein Ultimatum, wie eine unumstößliche Bedingung für die weitere Interaktion.
„Wenn du ….., dann!“, sind einleitende Worte, die wohl jeder kennt und auch schon verwendet hat.
Wer fordert, ist übergriffig
Denn eine Forderung dringt in den Persönlichkeitsbereich des Gegenübers ein, will ihn zu etwas bewegen und fragt nicht nach dem eigentlichen Willen der Person.
Eine Forderung ist perfide.
Denn sie suggeriert, schafft das Gefühl, dem Gegenüber würde eine Wahl gelassen. Doch die Beschaffenheit der Forderung lässt nur zwei Möglichkeiten der Reaktion zu:
Sich beugen oder abwehren. Entweder die Selbstverleugnung oder Kampf, der meist mit Gegenangriff gestartet wird.
Forderungen sind meistens brillante Streitauftakte in Beziehungen. Denn sie sind doppeldeutig.
Eine Forderung schafft falsche Maßstäbe
Die Forderung setzt unmittelbar voraus, dass der andere meine Realität, das ist die der Forderung und das damit implizierte Wertekostüm, vollkommen gerechtfertigt sind, zu akzeptieren hat.
Eine Forderung ist ein sprachlich manifestiertes mentales Konstrukt, das dem anderen keine andere Wahl lässt, als sie zu erfüllen oder sie abzuwehren.
Und so wissen wir alle um den manipulativen Charakter geschickt formulierter Forderungen.
Uns wurde es nicht anders beigebracht
Unser eigener Sprachduktus mag daher auch gar nicht den Unterschied zwischen Fordern und Bitten berücksichtigen. Wir meinen es im Ernst, wenn wir dem anderen etwas abfordern und tatsächlich auch noch überzeugt sind davon, der andere hätte die Wahl.
Oft passiert es auch, dass nach Abwehr der Forderung empört reagiert wird.
„Reg dich doch nicht so auf!“, sagen wir dann.
Schulterzuckend stehen wir bestenfalls daneben und treiben die Manipulation so weit, dass der andere meint, am Konflikt selbst Schuld zu sein.
Dabei hat er nur den Erwartungen oder den im Kommunikationsspiel eigenmächtig festgelegten Regeln nicht entsprochen.
Geheime Spielregeln
Und das ist psychologisch nur allzu verständlich.
Ich möchte nicht an einem Spiel teilnehmen, dessen Spielregeln ohne mein Wissen festgelegt werden.
Das ist der Stoff aus dem der Wahnsinn in menschlicher Kommunikation entspringt.
Doppeldeutigkeit.
Auch „Doublebind“ genannt.
Wer schlau ist, bittet.
Eine Bitte unterscheidet sich grundlegend in ihrer Struktur von einer Forderung.
Eine Bitte ist eine wohl sanfte Form der Selbstoffenbarung. Ich offenbare eigene Wünsche und Bedürfnisse, ohne den anderen damit unter Druck zu setzen oder an ihm zu ziehen.
Das ist ein großer Vorteil, taugt allerdings auch nur für Leute was, die damit umgehen können, dass der andere ganz wirklich eine freie Wahl hat. Eben weitgehend unkontrollierbar ist in seinen Reaktionen.
Wer bittet, offenbart das Bedürfnis, den Anderen wirklich so zu erleben, wie er denn ist. Und somit ist eine Bitte immer die Aufforderung, ob hart oder nicht, die eigene Mündigkeit wahrzunehmen.
Einen Standpunkt vertreten
Der Andere muss nun Position beziehen. Für sich eintreten, denn er muss sich in Beziehung setzen.
Das Gute:
Eine Bitte hat gegenüber der Forderung den weiteren Vorteil, weitgehend neutral zu sein.
Denn ich behaupte, dass eine Bitte noch nicht einmal mit der Realität oder mit der Perspektive des Kommunikationspartners in Berührung kommt.
Warum das nicht?
Ganz logisch, weil ich ja von mir rede. Nur von mir. Meine Bedürfnisse, meine Wünsche, implizieren meine Sicht, kommunizieren meine Perspektive auf die Welt und machen deutlich, was ich mir vom anderen wünsche, damit es mir gut geht.
Meine Werte sind da unmittelbar enthalten.
Meine Weltsicht kann ja kaum die Sicht des anderen sein, eben weil ich nicht er bin.
Eine Forderung tut aber gerade so, als ob das der Fall ist, sie sieht etwas als gesetzt, für erstrebenswert an, für beide Kommunikationspartner.
Forderungen ignorieren individuelle Sichtweisen
Wie kann so etwas denn sein?
Hat nicht jeder seinen eigenen Kopf, eigene Gefühle, eigene Sichtweisen?
Die Forderung trampelt über all das hinweg.
Chance der Abgrenzung und Akzeptanz
In einer Bitte liegen so viel mehr Möglichkeiten zur eigenen Selbsterkenntnis.
Sie ist auch die etwas „gefährlichere“ Variante, da man im Zweifelsfall damit klarkommen muss, dass sie nicht erfüllt wird. Aber auch da gilt die umgekehrte Logik, wie ich sie oben beschrieben habe.
Die Ablehnung der Bitte kann mich gar nicht beschämen, weil sie mir maximal vermittelt, dass der andere (gerade) eine andere Wirklichkeitsauffassung hat als ich und daher kann mich das gar nicht beschämen.
Denn seine Absage betrifft mich nicht persönlich.
Eine Bitte schafft Raum
Beschämen kann mich nur etwas mit dem ich unmittelbar innerlich verbunden bin. Etwas von dem meine eigene Definition, mein eigenes Selbstbild „gut“ oder „schlecht“ zu sein abhängt.
Die Bitte eilt dem voraus und trifft Vorkehrungen, dass das nicht geschieht, denn sie lässt Raum zwischen den Kommunikationspartnern.
Daher sagt man auch, dass derjenige wirklich liebt, der ohne Forderungen auskommt.
Denn eine Bitte enthält deutlich mehr kreatives Wachstumspotenzial als eine Forderung. Sie trägt dem freien Wesen eines jeden Menschen deutlich mehr Rechnung und legt es damit frei.
Bitten erfordert Mut
Die Bitte ist wie eine kleine Pflanze, die wenn man sie täglich gießt, dass heißt wenn man sie übt und mit Achtung vor sich herträgt, zu einer schönen Blüte der Entfaltung werden kann.
Sie ist ein Wagnis, auch für mich selbst, denn eine Bitte zu wagen, erfordert Mut. Aber nur wer mutig ist, geht seinen Weg weiter. Ohne Mut verharren wir in der Wiederholung, der Stagnation und der Destruktivität.
Und so bildet eine Bitte in meinen Augen die liebevollste und gleichzeitig gewaltfreieste Form des Widerstandes gegenüber einer Welt, in der es normal ist, sich zweckrational zu missbrauchen, gerade so wie es dem eigenen Ego gut tut.
Und die Wahrheit von der Geschichte …
Ich beanspruche hier nicht die Wahrheit.
Das sind alles nur Worte, die bestenfalls auf ein Stück Wahrheit hinweisen können.
Ich halte es so, wie Buddha es einst sagte:
„Der Finger der zum Mond zeigt, ist nicht der Mond selbst!“
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